Stahl
02/07/2014

"Arbeitgeber wollen den Schnapper machen"

Die Werkstore des Stahlriesen ThyssenKrupp Steel Europe (TKSE) in Bochum waren heute Mittag blockiert - sowohl an der Essener wie an der Castroper Straße. Und auch bei TKSE im 100 Kilometer entfernten Kreuztal-Eichen bei Siegen ging's weder rein noch raus. Die Beschäftigten unterstützten demonstrativ die Tarifforderungen der IG Metall.

Für bis zu zwei Stunden legten 1650 Auszubildende, Arbeiter und Angestellte - unter ihnen viele Frauen - die Arbeit nieder und folgten dem Warnstreikaufruf der IG Metall. Es waren nicht nur TKSE-Mitarbeiter dabei, sondern auch Beschäftigte von Outokumpu Nirosta, dem Bochumer Verein Verkehrstechnik, den Stahlwerken Bochum und vom Turbinenschaufelhersteller Doncasters.

Die Bochumer IG Metall-Geschäftsführerin Eva Kerkemeier zählte kurz die vier Forderungen auf: "Wir wollen fünf Prozent mehr Geld. Die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten, die wir 2011 durchgesetzt haben, muss auch in Zukunft gelten. Wir brauchen neue Regeln für die Altersteilzeit, weil es jetzt die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren gibt. Und wir fordern faire Werkverträge."

Die Abfindung der Altersteilzeit-Beschäftigte soll entfallen

IG Metall-Bezirkssekretär Klaus Löllgen, Tarifexperte für die Stahlbranche, machte sich über die Arbeitgeber lustig, die auch in der dritten Tarifverhandlung am 30. Juni keine Angebot vorgelegt haben - "null", sagte Löllgen: "Ich hab ja mit vielem gerechnet, aber mit so viel nicht!" Heftig kritisierte Löllgen die Arbeitgeber, die an der abschlagsfreien Rente nach 45 Rentenbeitragsjahren, die sie bis zuletzt bekämpft haben, jetzt verdienen wollen: "Sie wollen den Schnapper machen." Gemeint ist: Die Abfindung, die ein Altersteilzeit-Beschäftigter erhält, um seine Rentenabschläge zu reduzieren, soll entfallen. Diese Abfindungen seien abgeschrieben, sagte Löllgen, aber die Arbeitgeber wollten sie "sich auf die Tasche packen".

Die sogenannten qualitativen Forderungen - Verlängerung von Altersteilzeit und unbefristeter Übernahme sowie faire Werkverträge - "kosten keinen Euro", sagte Löllgen. Deshalb sollten die Arbeitgeber "nicht auf den Gedanken kommen, uns irgendetwas auf den Deckel zu schreiben." Der Verdacht liegt nahe, weil die Arbeitgeber angekündigt haben, erst dann eine Einkommenserhöhung anzubieten, wenn ihnen die Kosten der anderen Tarifforderungen bekannt seien.

Der Bochumer IG Metall-Sekretär Volker Strehl sagte zu den Demonstranten an der Castroper Straße: "Die Auftragslage zieht an, die Auslastung wird besser - und davon müssen wir auch etwas abbekommen." Und in Kreuztal-Eichen rief der Siegener IG Metall-Sekretär Hans-Jürgen Groß: "Wer im Betrieb Tag für Tag oder Nacht für Nacht seine Leistung bringt, der lässt sich nicht billig abspeisen."

Tags Stahl