Stahl
07/03/2013

"Bei uns hat keiner gemeckert"

Das Verhandlungsergebnis der IG Metall für die 75.000 Beschäftigten der nordwestdeutschen Stahlindustrie stößt auf breite Zustimmung. Das ergab die Diskussion in der Tarifkommission, die heute in Sprockhövel tagte. Am 14. März wird sie über die Annahme des Verhandlungsergebnisses abstimmen.

"Bei uns hat nicht einer gemeckert", berichtete Klaus-Peter Pachulski von Thyssen-Krupp Steel Europe (TKSE) Bochum. Die Drei vor dem Komma sei wichtig, sagte Ilka Biedermann von Arcelor Mittal in Bremen. Dessen Betriebsratsvorsitzender Klaus Hering fasste die Reaktionen auf das Verhandlungsergebnis so zusammen: "Es gibt keinen Jubel, es gibt Anerkennung, Glückwünsche und eine breite Zufriedenheit." Das hat auch Bernd Kalwa von Outokumpu Nirosta in Krefeld erlebt: "Wen ich treffe - er grüßt mit erhobenem Daumen." Günter Back, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von TKSE, schilderte die Reaktion im Betrieb auf das Verhandlungsergebnis so: "Das hätten wir nicht für möglich gehalten."

"Westrick-Formel" verworfen

Peter Gruber von Salzgitter Flachstahl kritisierte die 15-monatige Laufzeit des Tarifvertrags. Umgerechnet auf zwölf Monate betrage die Tariferhöhung 2,4 Prozent. Gruber benutzte für diese Berechnung die "Westrick-Formel". Ludger Westrick war Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und hat 1963, während der Schlichtung des Metalltarifstreits, eine Formel entwickelt, um die jährliche Belastung der Unternehmen zu ermitteln, die sich bei Tarifabschlüssen mit längerer Laufzeit ergibt.

Die gängige Version der Westrick-Formel lautet: Prozentzahl geteilt durch Laufzeit (Monate) mal zwölf. Danach stimmt Grubers Rechnung: 3 geteilt durch 15 mal 12 sind 2,4. Nach Angaben des Internet-Lexikons Wikipedia ist das aber nur die "vereinfachte" Formel, die "genauere" laute: Prozentzahl mal Laufzeit (Monate) geteilt durch Laufzeit plus der Differenz von Laufzeit minus 12. Danach betrüge die Tariferhöhung von drei Prozent - bezogen auf zwölf Monate - 2,5 Prozent: 3 mal 15 geteilt durch 15 plus (15 minus 12).

Kritiker der Westrick-Formel sagen, sie beantworte eine Frage, "die niemand gestellt hat". In Sprockhövel sagte Wolfgang Lorenz von Salzgitter Mannesmann Grobblech: "Ende März sind auf meinem Konto drei Prozent mehr Gehalt - und nicht 2,4."

Kritik an Bengalos

Heftig kritisiert wurde ein Vorfall auf der Kundgebung vor Beginn der letzten Tarifverhandlung am 5. März in Düsseldorf: Unbekannte hatten Bengalos gezündet. Deshalb habe der IG Metall-Bezirkssekretär, der die Demo bei der Polizei angemeldet hat, "eine Anzeige an der Hacke" (Bezirksleiter Knut Giesler).

Mit Lob gehen Metaller nicht verschwenderisch um. Sie zitieren eher den alten Spruch "keine Kritik ist Lob genug". Gleichwohl lobten gleich drei Redner die Verhandlungsführung von Bezirksleiter Knut Giesler als klar, entschlossen und beteiligungsorientiert. Willi Segerath von Thyssen-Krupp fasste sich kurz: "Knut tut gut."

Den Tarifkommissionsmitgliedern gab Giesler mit auf den Weg: "Ihr könnt hoch erhobenen Hauptes mit diesem Verhandlungsergebnis durch den Betrieb gehen. Und sprecht die an, die noch nicht Mitglied der IG Metall sind."

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