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05/10/2012

Krise tritt Leiharbeiter wieder als erste

Es ist wieder so weit: Kaum stottert der Konjunkturmotor, kommen die Leiharbeiter als erste unter die Räder. Das stellte sich am heutigen Aktionstag der IG Metall "Prekäre Beschäftigung Stopp!" heraus - in Bochum, Mülheim an der Ruhr und Witten.

Neben der Einfahrt von Doncasters in Bochum steht IG Metall-Sekretär Jörg Thannheuser mit einem Megafon unterm Arm; im Halbkreis vor ihm stehen Beschäftigte des Stahlunternehmens, Stammkräfte und Leiharbeiter. Hinter ihnen parkt das Plakatmobil der IG Metall mit der Aufschrift "Prekäre Beschäftigung Stopp!" Thannheuser erklärt, warum die IG Metall "offensiv gegen Tarifdumping und Ausgrenzung" vorgeht und sich stark macht "für sichere und faire Arbeit": "Der Wert unserer Arbeit ist in Gefahr."

Die "Flüstertüte" des IG Metall-Sekretärs klingt scheppernd; seine Zuhörer verstehen ihn dennoch sehr gut: Doncasters zählt 474 Stammbeschäftigte und 134 Leiharbeiter, von denen jetzt 77 gehen müssen. Der Hersteller von Turbinenschaufeln leidet unter Auftragsrückgängen. Der Betriebsratsvorsitzende Dirk Stüter befürchtet, dass die Zeitarbeitsfirma Timelog allen 77 kündigt. Er bedauert, nichts für die Betroffenen tun zu können: "Das Gesetz, wonach auch Leiharbeitnehmer in Kurzarbeit gehen können, ist Ende 2011 ausgelaufen." Dieses hoch gelobte Gesetz hat die IG Metall im Krisenjahr 2009 gefordert und durchgesetzt; es hat sich als eines der wirksamsten Instrumente im Kampf gegen die Krise entpuppt, die erweiterte Kurzarbeit war eine Ursache des "German Job-Wunder".

"Sieben Jahre war ich gut, dann plötzlich nicht mehr"

Vor der Säule auf dem Kurt-Schumacher-Platz in Mülheim an der Ruhr steht ein Mann mit Pappschild um den Hals; darauf ist zu lesen: "7 Jahre 4 Mon. 9 Verträge bei Mannesmann. Jetzt das Aus. Leiharbeit zerstört!" Der Mann - Nazim Parlak - hat in Kurzform seine Geschichte aufgeschrieben: Er war sieben Jahre lang als Leiharbeiter bei der Mannesmannröhre-Werke Qualifizierungsgesellschaft (MRW QG) beschäftigt; neun Mal ist sein Arbeitsverhältnis befristet worden - bis jetzt. "Sieben Jahre war ich gut, dann plötzlich nicht mehr - ich fühle mich richtig verarscht", sagt der 40-jährige Metaller, und seine Lippen zittern leicht.

Hans Rommel, IG Metall-Vertrauensmann bei Mannesmann-Grobblech, zeigt seine Meinung; auf seinem Pappschild steht "Leiharbeit ist organisiertes Mobbing". Die Mülheimer Metaller sprechen auf dieses Thema die Passanten an - und wer sich ansprechen lässt, habe "meistens eine Geschichte zu erzählen", berichtet Gerd Ölschlegel, einer der Aktiven. Wie zum Beispiel der Mann, dessen Tochter als Leiharbeiterin in einem Modehaus beschäftigt ist: Sie erhalte im Krankheitsfall nur 50 Prozent Lohnfortzahlung, und wenn sie wieder gesund sei, müsse sie dieses Geld abarbeiten. Ölschlegel: "Es gibt also keine Lohnfortzahlung, obwohl sie gesetzlich vorgeschrieben ist!"

Wenn schon Leiharbeit, dann faire Leiharbeit

Fälle dieser Art kommen in Witten, an Tor 4 der Deutschen Edelstahlwerke (DEW), nicht zur Sprache - weil es sie hier nicht gibt. Hier sei die Welt der Arbeitnehmerüberlassung "positiv", sagt der IG Metall-Bevollmächtigte Mathias Hillbrandt. Es gelte das Prinzip "gleiche Arbeit - gleiches Geld". DEW zählt 1600 Stammbeschäftigte und 160 Leiharbeiter; ihre Zahl ist rückläufig.

Auch die anderen tarifgebundenen Unternehmen in Witten gehen verantwortlich mit Leiharbeit um, sagt Hillbrandt. "Sie wissen, dass sie den Bogen nicht überspannen dürfen. Sie kriegen sonst Probleme mit uns."

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