Stahl
30/06/2014

IG Metall ruft Stahlbeschäftigte zum Warnstreik auf

Die IG Metall hat die Beschäftigten der nordwestdeutschen Stahlindustrie zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Auch die dritte Tarifverhandlung endete heute Abend in Düsseldorf ohne Arbeitgeberangebot, die vierte findet am 7. Juli statt. Mit einer Aufsehen erregenden Aktion machten 200 junge Beschäftigte von sich reden.

Die IG Metall fordert fünf Prozent mehr Einkommen, die Verlängerung der Tarifverträge zu Altersteilzeit und der unbefristeten Übernahme der Ausgebildeten sowie faire Werkverträge. „Entweder gibt’s heute ein Angebot zu allen Forderungen oder wir gehen auf die Straße“, ruft IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Knut Giesler am Seiteneingang des Hilton-Hotels. Vor ihm stehen 200 junge Leute. Sie kommen aus fast allen Unternehmen der nordwestdeutschen Stahlindustrie, von Thyssen-Krupp Steel Europa über Deutsche Edelstahlwerke und Vallourec bis Salzgitter Flachstahl, einem Unternehmen, das 353 Kilometer von Düsseldorf entfernt ist.

Stahlplatte mit der Aufschrift "Eure Zukunft nur mit uns"

„Übernahme wollen wir – keine Zukunft mit Hartz IV!“ skandiert die 19-jährige Gina Steguweit von Salzgitter Flachstahl, und 200 Leute, hauptsächlich Auszubildende, rufen‘s zurück, ein lautstarkes Echo. Das ist nichts im Vergleich zu den Trillerpfiffen, die in den Ohren gellen, als die Azubis durchs Hotel ziehen – eine Treppe hoch vor Raum Voltaire, wo sich elf Vertreter der Arbeitgeber beraten. Helmut Koch, Präsident und Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbands (AGV) Stahl, empfängt die jungen Leute mit einem Lächeln.

Angelina Huld, die 21-jährige Jugendvertreterin in der IG Metall-Tarifkommission, überreicht den Managern Geschenke – beschriftete Stahlplatten, die auf eine ebenso große handliche Platte geschweißt sind. Geschweißt ist auch die Beschriftung. Präsident Koch erhält eine Platte, auf der steht „Eure Zukunft nur mit uns“. Angelina „Angi“ Huld bittet Koch, während der Verhandlung diesen Spruch zu bedenken: „Wir wissen nicht, ob Sie es verantworten können, die jungen Fachleute der Konkurrenz zu überlassen.“ Und Angi legt nach: „Wir im Stahl sind die ersten, die einen Tarifvertrag zur unbefristeten Übernahme durchgesetzt haben. Wir wollen nicht die ersten sein, die ihn wieder streichen!“

Das zweite Geschenk – Aufschrift „Leiharbeit“ – erhält Bernhard Strippelmann, der Hauptgeschäftsführer des AGV Stahl. Angi zu Strippelmann: „Herzlichen Glückwunsch, Sie wurden als Leiharbeiter eingestellt.“ Der dritte am Arbeitgebertisch erhält eine Stahlplatte mit dem Logo der Bundesagentur für Arbeit: „Für Sie haben wir leider nichts“, sagt Huld, „Sie müssen zur Arbeitsagentur gehen.“ Es gibt noch ein Geschenk mit der Aufschrift „Werkvertrag“, dann ist Schluss, die anderen bekommen nichts – „so ist es im echten Leben“, sagt Huld.

Entgegenkommen bei Thema Übernahme signalisiert

Für die Aktion gibt es sogar Applaus von Arbeitgeberseite. Koch sagt: „Der Tarifvertrag zur unbefristeten Übernahme zeigt, dass auch wir an die Zukunft der Stahlindustrie glauben. Und ich hoffe, dass wir alle sie gemeinsam erleben dürfen.“ Zwischenruf: „Das nehmen wir als Zusage!“

Tatsächlich, in der Verhandlung geben die Arbeitgeber zu erkennen, dass sie sich eine Verlängerung der unbefristeten Übernahmen vorstellen könnten. Doch eine tarifliche Regelung der Werkverträge lehnen sie rigoros ab, sie wäre ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit, sagen sie, den sie keinesfalls zulassen wollen. Richtig kompliziert wird’s beim Thema Altersteilzeit: Hier sprechen die Arbeitgeber mit gespaltener Zunge. Politisch haben sie die Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren bis zuletzt bekämpft, jetzt wollen sie von ihr profitieren. Und das geht so: Beschäftigte, die mit Beendigung ihrer Altersteilzeit das Unternehmen verlassen, erhalten eine Abfindung zum Ausgleich der Rentenabschläge. Diese Abfindungen wollen die Arbeitgeber kassieren.

Zur Entgeltforderung sagten die Arbeitgeber heute dasselbe wie in der ersten Verhandlung am 4. Juni: Ein Angebot machen wir erst, wenn wir wissen, was uns die anderen Forderungen kosten.

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