Stahl
09/07/2014

„Ihr habt einen guten Job gemacht“

Das Verhandlungsergebnis der IG Metall für die 75.000 Beschäftigten der nordwestdeutschen Stahlindustrie findet viel Zustimmung. Die meisten Redner auf der heutigen Sitzung der Tarifkommission in Sprockhövel berichteten von positiven Reaktionen in den Betrieben. IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler (Bild) schilderte die Dramatik der nächtlichen Verhandlung vom 7. auf den 8. Juli: „Das war knapp.“

"Knackpunkt“ der vierten und letzten Tarifverhandlung in Gelsenkirchen sei die Tariferhöhung gewesen. Als die Arbeitgeber ihr erstes Angebot machten – 2,2 Prozent für 16 Monate –, „da saßen wir gedanklich schon im Auto“, berichtete Giesler. Es sei ernsthaft von Streik die Rede gewesen. „Wir hielten es für unmöglich, die 2,2 Prozent auf eine akzeptable Zahl hochzuverhandeln“, sagte Giesler, „es musste ein Sprung sein“. Der kam auch, die Arbeitgeber erhöhten ihr Angebot auf 2,3 Prozent im ersten und 1,7 Prozent im zweiten Schritt (für insgesamt 17 Monate). Giesler lobte die Jugend, sie habe „extrem gut“ mobilisiert: „Die Jugend war uns ein Vorbild.“

Ausführlich stellte Giesler die Neuregelung der Altersteilzeit vor: Wer zurzeit in Altersteilzeit ist, musste befürchten, dass er Geld verliert – dank der neuen, abschlagfreien Rente ab 63 nach 45 Beitragjahren. Denn der alte Tarifvertrag zur Altersteilzeit sah vor, dass man so früh wie möglich in die abschlagfreie Rente wechselt. Der Unterschied ist groß, in der Altersteilzeit verdient man 85 Prozent vom Netto, in der Rente nur rund 50 Prozent. Diesen Verlust muss jetzt niemand befürchten. Laut neuem Tarifvertrag kann jeder Altersteilzeitler wie geplant seine Altersteilzeit beenden.

Wie Altersteilzeitler vom neuen Tarifvertrag profitieren

Schwieriger war es, für diejenigen Altersteilzeitler eine Lösung zu finden, die nach Ablauf ihres Arbeitsvertrags zwar 63 Jahre alt sind, denen aber ein paar Monate fehlen, um auf 45 Beitragsjahre zu kommen. Müssen sie Rentenabschläge in Kauf nehmen? Nein. Es wird geprüft, ob ihnen angeboten wird, zum Beispiel ihre Altersteilzeit bis zum Erreichen der abschlagfreien Rente zu verlängern.

Verhandlungsführer Giesler erntete Applaus. Und zunächst gab’s keine Wortmeldung. „Leute“, sagte Tarifsekretär Klaus Löllgen, „das macht sich schlecht im Protokoll.“

Morgens ein tolles Verhandlungsergebnis, abends ein tolles Fußballspiel

Jörg Kampkötter (ThyssenKrupp Steel Europe, Bochum) ging als erster ans Mikrofon (Bild 5). Er kritisierte die Tarifvertragslaufzeit. Eine kürzere wäre ihm lieber gewesen, dafür hätte er auch eine geringere Lohnerhöhung in Kauf genommen. Olaf Vopel (ThyssenKrupp Steel Europe, Duisburg-Hamborn) bedankte sich: „Für uns gilt ja ab Oktober die 31-Stunden-Woche. Wir haben geglaubt, wir bräuchten ein paar Tarifrunden, um den Geldverlust wettzumachen. Jetzt sind wir damit schon im November 2015 fertig. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Ilka Biedermann (Arcelor Mittal, Bremen) sagte: „Zu mir sind Kollegen gekommen und haben ‚danke‘ gesagt. Den Dank gebe ich an die Verhandlungskommission weiter – ihr habt einen guten Job gemacht.“ (Bild 6)

Horst Gawlick (ThyssenKrupp Steel Europe, Duisburg-Hamborn) sagte: „Den 8. Juli werde ich immer in Erinnerung behalten. Morgens gab’s ein positives Verhandlungsergebnis, abends eine Superfußballspiel.“ Deutschland gewann gegen Brasilien 7 : 1.

Am 17. Juli stimmt die Tarifkommission über das Verhandlungsergebnis ab. Nimmt sie es an, wird daraus ein Tarifabschluss.

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