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03/02/2014

"Kampflos lassen wir uns die Arbeit nicht wegnehmen"

Eine Stadt hält zusammen: Trotz Nieselregens und eiskaltem Wind protestierten am Samstagmittag, 1. Februar, 700 Menschen gegen die geplante Verlagerung von AB Elektronik in Werne bei Hamm nach Rumänien. "Wir stehen hinter der Belegschaft", sagte Bürgermeister Lothar Christ (parteilos).

Der zwei Kilometer lange Protestmarsch ging vom Werkstor zum Marktplatz. Dort kritisierte der Betriebsratsvorsitzende Rainer Kottmeyer die "Zockermentalität" des britischen Konzern TT Electronics, dem das Automobilzuliefer-Unternehmen AB Elektronik gehört. AB sei kein notleidendes Unternehmen, sagte Kottmeyer, sondern der größte Produktionsstandort im Konzern. Und der solle "zum Spielball der Aktionäre werden", rief Alfons Eilers, der IG Metall-Bevollmächtigte von Hamm-Lippstadt.

Einer höheren, zweistelligen Rendite zuliebe soll die Produktion von Werne nach Rumänien verlagert werden. Obwohl ein Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung existiert, der bis Ende 2015 gilt. Gut 400 der mehr als 600 Arbeitsplätze wären betroffen, würden "plattgemacht" (Alfons Eilers). Dagegen kämpfen IG Metall und AB-Belegschaft seit Bekanntwerden der Unternehmenspläne am 9. Januar. "Kampflos lassen wir uns die Arbeit nicht wegnehmen", so der Betriebsratsvorsitzende.

Betroffenen droht Dauerarbeitslosigkeit

Öffentlichkeit und Belegschaft sind auf Seiten der IG Metall; der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei AB liegt inzwischen bei fast 75 Prozent. Die 420 Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen, sind zu 60 Prozent Frauen; das Durchschnittsalter der Betroffenen beträgt 48 Jahre und ihre Betriebszugehörigkeit 20 Jahre.

Dennoch: Es gibt in Deutschland kein Gesetz, das eine Fabrikschließung verbietet. Und der Reiz, in Timisora (ausgesprochen "Timischora"), der zweitgrößten Stadt Rumäniens, produzieren zu lassen, ist groß: Dort würde AB Elektronik nur einen Monatslohn von rund 300 Euro zahlen müssen. Von diesem Vorteil bliebe jedoch "am Ende des Tages nicht viel übrig", vermutet der IG Metall-Bevollmächtige von Hamm-Lippstadt, Alfons Eilers. Einerseits betrage der Lohnkostenanteil am Standort Werne nur zehn Protest, und andererseits würden die Kunden von AB-Elektronik - BMW, Daimler und VW - nach einer Verlagerung die Preise drücken. Vielleicht sind die Kunden, die von den Umzugsplänen ebenfalls überrascht wurden, von Produkten made in Romania gar nicht begeistert - und suchen sich vorsichtshalber neue Lieferanten. Zumal der "Autopapst" der Uni Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer, sagt: Ohne Produktion funktionieren Forschung und Entwicklung nicht. Demnach wäre die Verlagerung der Produktion von AB Elektronik der Anfang vom Ende des Standorts.

Alfons Eilers ist nach wie vor nicht bereit, mit AB zu verhandeln. "Warum sollte ich? Es gibt einen gültigen Beschäftigungssicherungsvertrag. Ich bin nicht bereit, mich an der Abwicklung des Standorts zu beteiligen, ich bin nur bereit, ein Zukunftskonzept mit zu entwickeln. Der IG Metall-Bevollmächtigte warnt den AB-Konzern TT Electronics: "AB könnte ein zweites Nokia werden. Diese Firma ist erst von Bochum nach Rumänien, dann weiter nach China gezogen. Heute produziert sie keine Handys mehr."

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