Giesler macht Handwerk Angebot
Der IG Metall-Bezirksleiter von NRW, Knut Giesler, hat dem Handwerk vorgeschlagen, eine gemeinsame Imagekampagne zu starten.
Eine Premiere: Erstmals hat die IG Metall eine Handwerkskonferenz mit führenden Vertretern des nordrhein-westfälischen Handwerks veranstaltet. Mit der Arbeitgeberseite gebe es „keinen Zielkonflikt“, wenn es darum gehe, das Handwerk zu stärken, sagte IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler (Foto 2)vor 130 Betriebsräten und Gewerkschaftssekretären heute in Sprockhövel., „allerdings einen Wegekonflikt“.
Giesler kritisierte, dass es nicht in allen Gewerken landesweit geltende Tarifverträge gibt. Und dort wo es sie gebe, würden sie „nicht immer umgesetzt“. Der Wettbewerb im Handwerk finde dann auf dem Rücken der Handwerker statt. Aber nur dort, wo Tarifverträge gelten, gebe es auch faire Wettbewerbsbedingungen.
Landesarbeitsminister Rainer Schmeltzer (SPD), der seine Teilnahme an der Konferenz wegen Krankheit absagen musste, hatte die NRW-Landesschlichterin Anja Weber gebeten, aus seinem Grußwort zu zitieren. Und das klang wie die Fortsetzung der Rede von Knut Giesler: Der Lohnunterschied zwischen Betrieben mit und ohne Tarifbindung betrage „bis zu 20 Prozent“. Das sei ungerecht und spalte die Gesellschaft. Die Landesregierung habe deshalb 2013 die Initiative Faire Arbeit gestartet, „damit jeder seine Rechte kennt und sie durchsetzen kann“, zitierte die Landesschlichterin den Minister.
„Nicht immer sind die anderen die Bösen.“
Sie selbst kritisierte, dass „im Schnitt nur noch jeder dritte Betrieb“ tarifgebunden sei. So könne es nicht weitergehen, sagte die Tarifexperten, „Tarifverträge haben uns stark gemacht!“ An beide Tarifparteien – Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften – appellierte Anja Weber (Foto 4), „Verständnis für die andere Seite“ aufzubringen: „Nicht immer sind die anderen die Bösen.“
Von den Verbandsvertretern des Schlosser-, Elektro-, Landmaschinen- und Kfz-Gewerbes stellte niemand den Wert von Tarifverträgen in Frage. Ingo Strauß vom Fachverband Elektro- und Informationstechnische Handwerke sowie Stefan Jansen vom Autohandelskonzern Lueg (Foto 8) wünschten sich jedoch flexiblere Tarifverträge, ohne das zu konkretisieren. Rudolf Schwarte, Metallbau-Unternehmer und Vorstand des Fachverbands Metall kritisierte, dass die Einhaltung des Tariftreuegesetzes nicht geprüft werde. Das Gesetz verpflichtet den Auftragnehmer eines öffentlichen Vergabeverfahrens, seinen Beschäftigten ein Tarifentgelt zu zahlen. Zudem kritisierte Schwarte, dass „der Preis eines Auftrags“ das einzige Vergabekriterium sei, die Qualität der Arbeit beispielsweise aber keine Rolle spiele.
Unternehmer lernt dazu
„Wir zahlen mindestens Tarif“, sagte Heinz-Georg Mors (9), der Präsident des Fachverbands Land- und Baumaschinentechnik. Und machte ein überraschendes Geständnis: „Früher habe ich mich damit gebrüstet, keinen Betriebsrat zu haben, heute arbeite ich hervorragend mit ihm zusammen!“
Spontan machte Knut Giesler den Verbandsvertretern den Vorschlag: „Lassen Sie uns gemeinsam eine Imagekampagne starten – ‚Handwerk Fair‘ – , und für Tarifverträge und Betriebsräte werben. Ich wäre bereit, dafür Geld in die Hand zu nehmen.“
Faire Arbeitsbedingungen, Tarifbindung und Mitbestimmung – „das sind die eigentlichen Zukunftsfragen der Republik“, entfuhr es dem Moderator Jürgen Zurheide, „nicht die Sicherheitspolitik, über die wir uns die Köpfe einschlagen“.
IG Metall-Vorstandsmitglied Ralf Kutzner (Fotos 16), zuständig fürs Handwerk, sagte selbstkritisch: „Jeder tariflose Zustand hat Beschäftigte, die das zulassen.“ Er plädiert dafür, Tariflosigkeit zu ächten – „wie vor Jahren die Leiharbeit“. Und ist überzeugt, dass Tarifflucht „keine wirtschaftliche Entscheidung ist, sondern eine politische“. Wo immer sich die Tarifparteien „mit dem festen Willen zur Einigung“ an den Tisch setzten, schaffe man es, faire Arbeitsbedingungen zu vereinbaren.
Handwerker-Stolz
Alwin Boekhoff von der IG Metall-Vorstandsverwaltung, selbst gelernter Handwerker, packte die Betriebsräte bei der Ehre: „Tarifverträge sind unsere Existenzgrundlage“, sagte er, und für sie einzutreten solle selbstverständlich sein. „Wo ist unser Stolz geblieben!“ Das war das Stichwort für Carmen Schwarz (Foto 18), die Handwerkssekretärin der IG Metall NRW: Sie wünsche sich, „dass wir stolz sind, im Handwerk zu arbeiten, stolz sind, Mitglied der IG Metall zu sein – und selbstbewusst auftreten!“