„Der Sozialtarifvertrag ist ganz okay“
Vertreter von Opel und IG Metall informierten heute die Beschäftigten von Opel Bochum und Partnerbetrieben über den Sozialtarifvertrag. Er regelt die Folgen der Werksschließung zum Jahresende. Die fast zweieinhalbstündige Veranstaltung in den Dortmunder Westfalenhallen verlief weitgehend in ruhiger und sachlicher Atmosphäre.
Am Saaleingang lag der 16-seitige Sozialtarifvertrag aus, den die IG Metall und Opel fast ein Jahr lang verhandelt haben. Er war eine begehrte Lektüre (Fotos 1 - 4).
Als Mitte 2013 die Sozialplanverhandlung bei Opel Bochum in der Einigungsstelle zu scheitern drohte, bat der Vorsitzende der Einigungsstelle die IG Metall NRW, einen Sozialtarifvertrag auszuhandeln; die IG Metall-Vertrauensleute unterstützten das.
Im November lagen die Eckpunkte des Vertrags vor, jetzt endlich ist der Vertrag unterschriftsreif.
Er hat ein Budget von 552 Millionen Euro. „Mehr geht nicht“, sagte Personalvorstand Ulrich Schumacher. Das Ende der Autoproduktion am 31. Dezember erklärte er so: „Opel fährt erhebliche Verluste ein, weil die Werke nicht ausgelastet sind und erhebliche Überkapazitäten bestehen.“
IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Knut Giesler (Foto 11) berichtete, dass der Sozialtarifvertrag – im Vergleich zu den Eckpunkten – verbessert wurde und rechtssicher geworden ist. Beispielsweise wird die Abfindung nicht mit dem 24. Jahr der Betriebszugehörigkeit gedeckelt, für jedes Jahr mehr gibt es 500 Euro mehr.
Nach den Auftritten von Schumacher und Giesler folgten weder Pfiffe noch Applaus.
Opel-Personalchefin Bettina Dunkel berichtete, dass – unabhängig vom Sozialtarifvertrag – zurzeit 70 Arbeitsplätze in Rüsselsheim und 60 in Eisenach unbesetzt sind. IG Metall-Jurist Felix Stumpf stellte klar, dass das Einkommen der 265 Beschäftigten, die ins Warenverteilzentrum Neovia wechseln können, gleich bleibt.
Alle Beschäftigten sollen bis 25. Juli von Opel beraten werden: Dabei geht’s um Fragen wie: Nutze ich die Möglichkeit, in die Transfergesellschaft zu wechseln und zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente zu gehen? Oder bleibe ich bis zu 24 Monate in der Transfergesellschaft? Nehme ich die Abfindung oder einen der 265 Ersatzarbeitsplätze bei Neovia oder einen der 200 Arbeitsplätze an den anderen Opelstandorten? Die IG Metall Bochum-Herne schaltet am 1. Juli eine Hotline. Bis Ende September müssen sich die Beschäftigten entscheiden.
Einer bedankt sich, andere pfeifen
In der zweiten Hälfte der Info-Veranstaltung stellten die Beschäftigen Fragen. Wird die Betriebszugehörigkeit in Jahren, Monaten und Wochen bemessen? Nein, nur in vollen Jahren. Gibt es vor dem 1. Januar 2015 betriebsbedingte Kündigungen? Nein.
Ein IG Metall-Vertrauensmann, der seinen Namen nicht öffentlich lesen möchte, hat den Mut: „Ich möchte mich bei der IG Metall bedanken“, sagt er. „Der Sozialtarifvertrag ist ganz okay.“ Er kassierte Pfiffe.
Mehrfach wird gefragt, ob über den Vertrag abgestimmt wird. IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler: „Ich habe nicht zugesichert, dass abgestimmt wird.“ Im vergangenen Jahr sei die IG Metall heftig kritisiert worden, weil sie den Tarifvertrag, der eine Werksschließung Ende 2016 vorsah, zur Abstimmung gestellt hat; dieser Vertrag wurde abgelehnt. „Dass jemand zur Werksschließung ja sagt, kann ich niemandem zumuten“, sagte Giesler.
Trotzdem sagte er, was die Folgen wären, wenn auch der Sozialtarifvertrag abgelehnt würde: Es gäbe keine Transfergesellschaft und keine Ersatzarbeitsplätze mit Beschäftigungsgarantie bis 2020, sondern nur eine – allerdings geringere – Abfindung. „Ich bin froh“, sagte Giesler, „dass der Vertrag von Opel schon unterschrieben worden ist.“ Leiser Applaus.