Betriebe Betriebe
30/09/2014

Heute rollt kein Sprinter vom Band - sonst täglich 700

Die Arbeitsniederlegung seiner Düsseldorfer Belegschaft hat den Daimler-Konzern schwer getroffen: Heute ist kein Sprinter gefertigt worden. Sonst laufen täglich 700 vom Band. Mit einer dritten Demo und Kundgebung endete der heutige Protest gegen die geplante Produktionsverlagerung in die USA.

„We will, we will rock you!“ Zu den dröhnenden Klängen dieses Hits der Rockgruppe Queen zieht die Spätschicht vom Sprinter-Werk an der Rather Straße zur IG Metall-Bezirksleitung an der Roßstraße. Der Demo-Zug nimmt die gesamte Straßenbreite ein. Die zweieinhalb Kilometer lange Strecke ist zum Teil vierspurig. Der Verkehr kommt zum Erliegen. An der großen Kreuzung vor dem Nordfriedhof stauen sich die Autos in alle Himmelsrichtungen. Nach dreiviertel Stunde, um 14:45 Uhr, erreichen die Demonstranten ihr Ziel.

Musik und Trillerpfeifen, rote Kappen und Fahnen und ein Transparent mit der Aufschrift „Unser Sprinter in 3 Schichten.“ Darum geht’s: Eine der drei Schichten will die Unternehmensleitung in Düsseldorf streichen – und in den USA ein neues Werk hochziehen. Der Betriebsrat befürchtet den Verlust von bis zu 1800 Arbeitsplätzen.

„Wir stehen hier, weil wir nicht 1800 Kollegen verlieren wollen“, ruft Volker Consoir von der IG Metall Düsseldorf-Neuss (Bild 6) auf der Kundgebung. Er steht auf der Laderampe eines Lastwagens und macht klar: „Wir sind für den Bau des Sprinters – hier und nirgendwo sonst.“

"Geschäftsleitung hat uns belogen"

Dass nach der Nacht- und Frühschicht jetzt auch die Spätschicht die Arbeit niederlegt, überwältige ihn, sagt der Betriebsratsvorsitzende Thomas Weilbier (Bild 8), „aber überrascht mich nicht“. Die Geschäftsleitung habe die Belegschaft „über Monate angelogen“. Sie habe die ganze Zeit den Eindruck erweckt, dass der neue Sprinter in Düsseldorf montiert werde. Der heutige Protest sei ein „Signal“; werde es nicht verstanden, „dann war das hier nicht die letzte Veranstaltung“.

IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler (Bild 10) spricht heute ebenfalls zum dritten Mal zu den Beschäftigten. Sie hätten „Milliarden“ in die Kasse des Konzerns gespült und verdienten es, fair behandelt zu werden. Beim Pressegespräch heute Vormittag fragt ein Journalist, ob heute ein Sprinter gebaut werde. Gieslers Antwort: „Höchstens einer – vom Management. Aber den würde ich nicht kaufen.“

Kölner wird in Düsseldorf freundlich empfangen

Der Vorsitzende der IG Metall-Vertrauensleute von Ford in Köln, Benjamin Gruschka (Bild 11), freut sich: „Als Kölner bin ich in Düsseldorf noch nie so nett empfangen worden.“ Die Ford-Belegschaft hat hinter sich, was die Daimler-Kollegen umtreibt: Sie haben durchgesetzt, dass der Fiesta weiterhin in Köln „und nur in Köln“ produziert wird. Gruschka wünscht den Düsseldorfer Kollegen „Kraft, Mut und Selbstbewusstsein“.

Bernd Kost (Bild 14), der Vorsitzende der Vertrauensleute bei Daimler, ruft: „Heute zeigen wir’s Zetsche!“ Der Daimler-Chef will am 21. Oktober im Vorstand entscheiden, ob die dritte Schicht in Düsseldorf bleibt oder nicht. Kost erinnert daran, dass der Betriebsrat geschlossen die Pläne des Unternehmens ablehnt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn im Betriebsrat sind nicht nur die IG Metall, sondern mehrere Listen vertreten. „Diese Einigkeit macht uns stark!“

Jugendvertreter Orhan Dutkun (Bild 5) appelliert ans Management, nicht die Zukunft der Auszubildenden zu verspielen. Um kurz vor 16 Uhr wünscht der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Helmut Bauer (Bild 16) allen „einen schönen Feierabend“. Der ist heute sechs Stunden früher als sonst.

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